(Plan) Oberseminar

Überwachungskapitalismus

S. Zuboff definiert den Überwachungskapitalismus als “eine neue Wirtschaftsordnung, die das Handeln der Menschen benutzt als frei verfügbares Rohmaterial für verschleierte Wirtschaftstätigkeiten der Extraktion, der Vorhersage und des Verkaufs.”

(Shoshana Zuboff: Big other: surveillance capitalism and the prospects of an information civilization, Journal of Information Technology (2015) 30, 75-89, http://www.shoshanazuboff.com/new/recent-publications-and-interviews/big-other-surveillance-capitalism-and-the-prospects-of-an-information-civilization/)

Im OS orientieren wir uns an Themen und Thesen aus diesem Buch und beschäftigen uns mit

  • technischen
  • wirtschaftlichen und
  • gesellschaftlichen

Grundlagen und Auswirkungen dieser Wirtschaftsordnung.

Einige Vortragsthemen sind

  • UPI (user profile information): tracking-Netzwerke, Browser Fingerprinting, Gegenmaßnahmen (der Bürger),
  • UI (anti) patterns zum Erzeugen und Verstärken des Suchtverhaltens,
  • (anti) patterns und Überwachungswerkzeuge zu vermeintlich leichterer Entwicklung, Verteilung und Betrieb von Software (z.B. App-Stores, DNS-Server)
  • der Markt für den Verhaltensdaten-Überschuß, Anzeigenverkaufsmechanismen,
  • offene, föderierte Systeme (Usenet, Email, IRC, WWW, RSS), Gegenmaßnahmen (der Überwachungskapitalisten),
  • Verhaltensdatensammlung mit Hilfe von “smart” Geräten,
  • staatliche Überwachung (z.B. “Social Credit” in China), Schutz der Bürger vor staatlicher Überwachung, Wechselwirkungen zwischen staatlicher und privater Überwachung (z.B. USA, EU),
  • Datenschutz-Geschichte, -Gesetzgebung und Entscheidungen deutscher Datenschutzbehörden, insbesondere zur Verwendung überwachungskapitalistische Werkzeuge durch private und staatliche Stellen,
  • neutrale Weiterleitung oder verantwortliche Herausgeberschaft? Wie die “Inhalts”-Plattformen die Vorteile der jeweils für sie günstigsten Variante für sich reklamieren,
  • etablierte staatliche Regulierungsmaßnahmen und Garantien für Weiterleitung (Post, Telefon) und Herausgeber (Presse),
  • Einfluß der Überwachungskapitalisten (in D, EU, USA) auf den Gesetzgebungsprozeß, auf Hochschulen, Schulen,
  • Ethik-Richtlinien verschiedener Gremien (Informatik-Berufsverbände, staatliche Fördereinrichtungen).

Ähnliche und weitere können von Seminarteilnehmern vorgeschlagen werden. Als Anregung und Ergänzung eignen sich auch zahlreiche Beiträge aus http://gewissensbits.gi.de/ (alles, wo “smart”, “KI” oder “of Dings” vorkommt). Für jedes Thema muß zusätzlich recherchiert werden, es reicht nicht, einfach eine Meinung zu haben.

Beachten Sie: es geht hier, wie bei jeder Lehrveranstaltung, um eine wissenschaftliche Auseinandersetzung. Dazu müssen zunächst Fakten präsentiert werden, aus eigenen Experimenten (z.B. Messung von Tracking-Cookies bei Browser-Benutzung) oder anderen Primärquellen (z.B. Pressemitteilungen, Patente, Geschäftsberichte, Gesetzestexte). Auf dieser Grundlage kann man Interpretationen dieser Fakten diskutieren, die in wissenschaftlich akzeptablen Quellen publiziert wurden (d.h., die einem Peer-Review-Prozeß unterworfen sind).

Die OS-Teilnehmer sollen für ihr Thema im Einzelnen absolvieren:

  • eine Konsultation 3 Wochen vor Vortragstermin
  • Abgabe einer Zusammenfassung (1-2 Seiten Text, mit Quellenangaben) eine Woche vor Vortrag, diese wird an die anderen Teilnehmer verteilt
  • Präsentation und Diskussion im Seminar
  • Überarbeitung bis max. 1 Woche nach Vortrag

sowie sich auf die Diskussion der anderen Themen anhand der Zusammenfassung vorbereiten.

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